Preisvergabe an LOVEMOBIL beim ffos19
LOVEMOBIL von Elke Margarete Lehrenkrauss eröffnete 2019 die 34. Ausgabe des Unabhängigen FilmFest Osnabrück und gewann in dem Jahr den “Friedensfilmpreis Osnabrück”, gestiftet von der Sievert Stiftung für Wissenschaft und Kultur.
Nominiert werden für den “Friedensfilmpreis Osnabrück” sowohl Spiel- als auch Dokumentarfilme, die sich besonders für die Verständigung zwischen den Kulturen einsetzen und sich durch ein humanistisches Menschenbild und soziales Engagement auszeichnen. Er ist mit 15.000 Euro der höchst dotierte Filmpreis zum Thema Frieden in Deutschland.
Der vom NDR und der Nordmedia geförderte Dokumentarfilm „Lovemobil“ geriet im März dieses Jahrs in die Kritik. Anlass dafür war eine Recherche des funk/NDR-Formats “STRG_F”, dernach die Autorin und Produzentin Elke M. Lehrenkrauss in weiten Teilen Szenen zeigt, die „nicht authentisch sind“. Zahlreiche Situationen seien ohne Kenntlichmachung „nachgestellt oder inszeniert“. Auch schildern die zentralen Protagonist:innen des Films nicht ihre persönliche Erfahrung, sondern spielen eine Rolle, heißt es in der Mitteilung des Senders. Die Regisseurin hat die Vorwürfe bestätigt und sich offiziell für die Nichtkenntlichmachung entschuldigt.
Aufgrund der im März bekannt gewordenen Informationen waren Festivalleitung und Vorstand des Trägervereins Osnabrücker FilmForum e. V. gefordert, gemeinsam mit der Friedensfilmpreis-Jury, bestehend aus Masha Matzke, Mike Beilfuß und Wiebke Thomsen, und dem Preisstifter die Preisvergabe zu überprüfen. Nach zahlreichen Gesprächen und Beratungen stand der Entschluss, der mehrheitlichen Empfehlung der unabhängigen Jury zu folgen.
„Eine Konsensentscheidung konnte trotz konstruktiver und lebhafter Diskussionen in sehr angenehmer Atmosphäre leider nicht gefunden werden. Die Vergabe des Friedensfilmpreises Osnabrück an „Lovemobil“ von Elke Margarete Lehrenkrauss bleibt mit einer 2:1-Entscheidung der Jury bestehen. Wir haben als Jurymitglied jeder einzeln ein Statement verfasst, um die individuellen Beweggründe darzulegen.“ (Masha Matzke, Wiebke Thomsen und Mike Beilfuß)
Das Festival hat auch Frau Lehrenkrauss um eine Stellungnahme gebeten und seine Enttäuschung zum Ausdruck gebracht. Frau Lehrenkrauss teilte uns in einem längeren Schreiben u. a. mit: “In der Kommunikation um meinen Film LOVEMOBIL habe ich große Fehler gemacht, für die ich die Verantwortung trage und die ich zutiefst bereue. Es war ein schwerwiegendes Versäumnis, die Inszenierungen im Film weder zu kennzeichnen noch zu kommunizieren und die Machart des Films nicht offenzulegen. Für diesen Fehler möchte ich mich aufrichtig bei Ihnen und allen Zuschauer*innen entschuldigen. Mir ist klar, dass ich die entstandene Frustration und Enttäuschung damit nicht rückgängig machen kann. Das bedauere ich sehr!”
Als Festivalleitung und Vereinsvorstand respektieren wir die Entscheidung der Jury. Gleichzeitig sind wir von Elke Lehrenkrauss Verhalten vor allem dem FilmFest-Publikum gegenüber enttäuscht. Die Regisseurin hat es versäumt, die Inszenierungen im Film und in dem Gespräch über den Film offen zu legen und Darstellerinnen als Protagonistinnen ausgegeben. Ein solches Verhalten kann und wird bei Teilen des Publikums zum Vertrauensverlust führen. Das bedauern wir sehr! Gleichzeitig wissen wir, dass Film, auch der Dokumentarfilm immer eine Inszenierung ist. Film ist immer Auswahl und Anordnung von Bildern und ihre Wirkung auf uns. Darüber möchten wir weiterhin mit unserem Publikum und den Filmemacherinnen und Filmemachern im Gespräch bleiben. Denn der Dialog über das Gesehene und dessen Wirkung auf das Publikum ist Mittelpunkt unserer Festivalarbeit. Wir werden deshalb dazu vor und während des kommenden Festivals Raum für Veranstaltungen und für interne Gespräche anbieten, die sich mit diesen Fragen intensiv auseinandersetzen werden.