Produktionsnotizen zu „Wir könnten genauso gut tot sein“

„We live in a perpetually burning building, and what we must save from it, all the time, is love.“

– Tenessee Williams –

 

Was bedeutet es, wenn verschiedene Kulturen auf engstem Raum miteinander leben? Was macht Heimat aus; wann fühlen wir uns sicher? In einer Gesellschaft, die Angst davor hat, dass sich am Status Quo etwas ändert, geht es um Vertrauen, um Sicherheit. Wenn etwas Beängstigendes geschieht, wo vermuten wir die Ursache? Wo finden wir eine*n Schuldige*n?

 

Regisseurin Natalia Sinelnikova setzt sich in ihrem ersten Langfilm mit einer angstkonditionierten Gesellschaft auseinander. In einer überhöhten Darstellung unterzieht die Regisseurin eine perfekte Hochhausgemeinschaft einer dystopischen Entwicklung. Am Anfang steht die private Angst im zwischenmenschlichen Kosmos, in der das Bedürfnis nach Sicherheit zu Radikalisierung führt.

 

Natalia Sinelnikova seziert in WIR KÖNNTEN GENAUSO GUT TOT SEIN ein komplexes gesellschaftliches Gefüge. Sie untersucht die Wurzeln sozialer Dynamik, während ihr Blick durch Intimität und Privatheit besticht.

 

WIR KÖNNTEN GENAUSO GUT TOT SEIN erzählt verspielt, überspitzt und authentisch unverschämt eine Welt, die ganz wundervoll eigenwillig, und unserer Wirklichkeit doch erschreckend ähnlich scheint.
WIR KÖNNTEN GENAUSO GUT TOT SEIN entführt uns in Form eines absurden Dramas in den Mikrokosmos eines Hochhauses, der uns Entdecken, Wundern, Staunen und Fürchten lehrt… Dabei balanciert die Inszenierung zwischen Sozialdrama und Thriller-Genre, voller Suspense und schwarzem Humor, sodass uns immer wieder das Lachen im Hals stecken bleibt, wenn die Nachbarin mit Müllsäcken um die Ecke biegt oder Machtkämpfe im Aufzug ausgetragen werden.

 

Gleichzeitig ist WIR KÖNNTEN GENAUSO GUT TOT SEIN ein sehr persönlicher Stoff, der sich mit Identität und Zugehörigkeit auseinandersetzt. Die Hauptfigur ANNA ist kein Klischee-Misfit und doch schwingt das Thema der Zugehörigkeit und Integration in all ihrem Handeln mit.

 

WIR KÖNNTEN GENAUSO GUT TOT SEIN will durch irritierend schöne Ästhetik und die Reflektion einer Welt, die unsere sein könnte, Strukturen und Muster, die unsere Gesellschaft prägen, sichtbar machen, jüdischer Kultur Raum und Selbstverständnis geben, und uns einladen, unsere eigene Rolle kritisch zu reflektieren; in einer formalen Ode an Lanthimos, der mit Jacques Tati flirtet, während eine würzige Prise feministisches Sozialdrama à la Sofia Coppola durch die Hochhausflure weht.Wer nach WIR KÖNNTEN GENAUSO GUT TOT SEIN aus dem Kino kommt, wird über Vertrauen, Sicherheit und Zugehörigkeit nachdenken. Und die Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen, dürfte um ein paar eindrucksvolle Perspektiven bereichert sein.

 

Julia Wagner, Charlene Gürntke, Lina Mareike Zopfs & Magdalena Wolff