Stadtteilkino am MIK „Losers and Winners“

Kein Koks mehr aus Dortmund

 

Im Film „Losers and Winners“ geht ein deutsches Werk auf Wanderschaft Richtung Fernost.

 

Die Planungs- und Bauzeit für die Kokerei Kaiserstuhl in Dortmund betrug fünf Jahre. Die Kosten: 650 Millionen Euro. Eine Investition für die Zukunft sollte es sein, doch die Zukunft währte nur acht Jahre. 2000 erfolgte die Stillegung. Zu diesem Zeitpunkt war der Import von Koks billiger als eine inländische Produktion.

 

Die Kokerei war technisch auf dem neuesten Stand. In China gab es nichts dergleichen. Deshalb erwarb das Montanunternehmen Yanzhou Coal Mining das gesamte Werk mitsamt den wertvollen Bauplänen. 2003 wurde der gigantische Komplex aus Öfen, Löschtürmen, Kühlanlagen, Füllwagen, Rohren, stählernen Laufwegen Stück für Stück zerlegt. Rund 300 chinesische Arbeiter bezogen Quartier in engen Wohncontainern, versahen die Einzelteile mit chinesischen Schriftzeichen, begannen mit der Demontage.

 

Die Dokumentarfilmer*innen Ulrike Franke und Michael Loeken bekamen Gelegenheit, den anderthalbjährigen Prozess mit der Kamera zu begleiten. So entstand „Losers and Winners – Arbeit gehört zum Leben“, ein vielschichtiger, mehrfach preisgekrönter Dokumentarfilm, in dem sie Persönliches mit dem weltweiten Wirtschaftsgeschehen verbinden, unternehmerische Fehlentscheidungen und die Aufbruchstimmung im Reich der Mitte einfangen, mit heiteren, melancholischen, auch erschreckenden Momenten, wenn die chinesischen Kräfte ungeschützt hochgefährliche Arbeiten verrichten. Der Projektleiter Mo belächelt die Sicherheitsvorschriften der Deutschen, bewundert aber, dass sie lieber einen Umweg wählen als einen Rasen zu beschädigen.

 

Die chinesische Bauleitung wird von den deutschen Fachleuten Rainer Kruska und Werner Vogt betreut, die jahrelang in den Dortmunder Kokereien gearbeitet haben. Sie berichten wehmütig von besseren Zeiten, unterstützen die Chinesen, werden aber ungehalten, wenn leichtfertig an den Elektroleitungen gewerkelt oder eine Leiter zwecks Verlängerung kurzerhand mit einer zweiten verdrahtet wird. Häufig muss die junge Dolmetscherin vermitteln. Nicht selten mit erkennbarem Unbehagen.

 

Ulrike Franke und Michael Loeken blicken immer auch hinter das Offensichtliche, zeigen beispielsweise die Arbeitsbedingungen in der Großküche. Dort lagert säckeweise Reis, gekocht wird in riesigen Woks über offenem Feuer. An Silvester gibt es ein beeindruckendes Festmahl. Viel Arbeit für die wenigen Köche.

 

Das Filmfest Osnabrück zeigt „Losers and Winners – Arbeit gehört zum Leben“ als Beitrag in der Reihe Stadtteilkino und am 5.8.2023 um 21 Uhr unter freiem Himmel auf dem Gelände des Museums Industriekultur im Rahmen der Ausstellung „Welthandel“, bei widrigem Wetter im Museum. Der Eintritt läuft nach dem Prinzip pay-what-you-can. Die Gäste bestimmen selbst, wie viel sie für den Kinobesuch ausgeben können.

 

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„Losers and Winners“
ein Dokumentarfilm von Michael Loeken & Ulrike Franke + Deutschland 2006 + 96′ + deutsch/englisch/kantonesische Originalversion mit deutschen Untertiteln

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Veranstaltungsdaten Stadtteilkino am MIK

„Losers and Winners“, D 2006, Bild: gmfilms.de

Open-Air-Kino:
„Losers and Winners“

 

Termin: 5.8.2023
Beginn: 21:00 Uhr

 

Ort: Museum Industriekultur, Fürstenauer Weg 171, 49090 Osnabrück-Pye.

 

Bei schlechtem Wetter im Museum.
Eintritt: selbstbestimmt