Die Preise des 38. ffos sind vergeben!
English version below.
Zivilcourage und Grenzsituationen
Beeindruckende Bilder: Am Sonntag wurden die Preise des 38. Filmfests Osnabrück vergeben.
Es ist der 13. August 2021. Chefredakteur Zaki Daryabi ruft die Belegschaft der Tageszeitung „Etilaat Roz“ zusammen. Die NATO-Truppen haben Afghanistan verlassen, die Taliban stehen vor Kabul. Die Redaktion des kritischen Blattes muss das Schlimmste befürchten. Wichtige, lebensverändernde Entscheidungen stehen an. Abbas Rezaie, selbst Journalist und Videoreporter, hat die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten in dieser hochproblematischen und gefährlichen Übergangsphase mit der Kamera dokumentiert. Sein abendfüllender Film heißt wie die Zeitung „Etilaat Roz“ und ist der Träger des Friedensfilmpreises Osnabrück 2023.
Die Jury lobt: „Dieser Dokumentarfilm ist mehr als nur ein Film; er ist ein Aufruf zur Reflexion und zur Unterstützung all jener, die in der Welt gefährlichen Bedingungen ausgesetzt sind, um über die Wahrheit zu berichten.“ Zugleich würdigen die Medienwissenschaftlerin Charlotte Bösling, die Regisseurin Brenda Akele Jorde und die Bildgestalterin Caroline Spreitzenbart das beeindruckende Engagement der von Folter und Hinrichtung bedrohten Berichterstatter*innen: „Wir sehen die Tränen und die Angst, aber wir sehen auch den unbeugsamen Willen, die Wahrheit ans Licht zu bringen und für die Menschen in Afghanistan einzustehen.“
Im Rahmen der Preisverleihung am Sonntag, 15. Oktober 2023, überreichte Niklas Sievert als Vertreter der Sievert Stiftung für Wissenschaft & Kultur den mit 15.000 Euro dotierten diesjährigen Friedensfilmpreis Osnabrück an Abbas Rezaie.
Der Spielfilm „Endless Borders“ des iranischen Regisseurs Abbas Amini wurde von den Jurorinnen mit einer besonderen Erwähnung bedacht. Zur Begründung heißt es unter anderem: „Der Film zeigt, dass selbst in den komplexesten Situationen Menschen stets bestrebt sind, das Richtige zu tun, um gegen den Druck eines Regimes und der Gesellschaft ihre eigenen Werte zu verteidigen. Dabei fehlt es der Erzählweise nicht an Authentizität in der Darstellung menschlicher Schwäche und Unvollkommenheit (…).“ Hauptfigur von „Endless Borders“, der zum Teil mit Laien gedreht wurde, ist ein in die Grenzregion verbannter Lehrer. Das kleine Dorf nimmt afghanische Flüchtlinge auf. Deren altüberlieferte Traditionen führen zu Spannungen und zwingen den Lehrer Ahmad zu existenziellen Entscheidungen.
Die Jugendjury des diesjährigen Filmfests vergab den Filmpreis für Kinderrechte an „Delegation“ („Ha’Mishlahat“). Asaf Sabans Spielfilm hat gerade auf tragische Weise Aktualität erhalten. Die Klassenfahrt einer israelischen Schulklasse führt nach Polen, wo die jungen Leute die ehemaligen Konzentrationslager besichtigen. Alterstypische Ausgelassenheit trifft auf bewegende Zeitzeugenberichte, jugendliche Entdeckungsfreude führt auf fremde Wege. Die fünfköpfige Jury merkt an: „Unser Gewinnerfilm verbindet die greifbare Leichtigkeit der Lebensrealität von Jugendlichen mit einer ernsthaften und wichtigen Auseinandersetzung mit generationsübergreifender Erinnerungskultur. Seine Geschichte erzählt er mit beeindruckenden Bildern und Musik, die uns mitgenommen haben.“ Eine lobende Erwähnung erhielt die internationale Koproduktion „Tiger Stripes“. Stifter des Preises in Höhe von 2.000 Euro ist die Stadt Osnabrück. Die Preisurkunde überreichte die Fachbereitsleiterin Kultur der Stadt Osnabrück Patricia Mersinger an die Filmeditorin Michal Oppenheim, die stellvertretend für das Team nach Osnabrück gekommen war.
Regisseur Sejad Ademaj von der Filmakademie Baden-Württemberg konnte aus den Händen von Alexander Illenseer, dem Geschäftsführer des Stifters Marketing Osnabrück, den mit 700 Euro ausgestatteten Publikumspreis für den besten studentischen Kurzfilm entgegennehmen: Während sich Jasmina auf die Klassenfahrt nach Berlin freut, steht gänzlich unerwartet die Polizei vor der Tür und lässt der in Deutschland längst heimisch gewordenen Flüchtlingsfamilie nur eine Viertelstunde bis zum Abtransport. Der differenziert erzählte Kurzfilm „Fünfzehn Minuten“ basiert auf eigenen Erfahrungen Sejad Ademajs sowie auf eingehenden Recherchen unter anderem in Polizeikreisen.
Ebenfalls per Publikumsentscheid bestimmt wird der Beste Kurzfilm des Gesamtprogramms, für den der Studierendenrat der Universität Osnabrück jeweils 500 Euro ausschreibt. Festivalleiterin Julia Scheck überreichte den Preis an Mehran Mirmiri, den Hauptdarsteller des Preisträgerfilms „Split Ends“ („Mou Khoreh“) des iranischen Regisseurs Alireza Kazemipour, der die Willkürakte der iranischen Sittenpolizei in Form einer frechen Satire bloßstellt. Kazemipour ist im Iran ein gefragter und preisgekrönter Drehbuchautor vor allem für TV-Filme und -Serien.
Die Preisverleihung wurde moderiert von der Musikerin und Pädagogin Diana Ezerex, die sich mit ihrem Projekt „Offsite Melange“ für gesellschaftliche Randgruppen engagiert und dabei unter anderem mit Filmschaffenden zusammenarbeitet.
And The Winners Are…
Exceptional courage during times of crisis
On sunday, the 38th film festival held its award ceremony.
It’s August 13th 2021. Chief editor Zaki Daryabi gathers his collegues at the head office of „Etilaat Roz“. NATO troops have left Afghanistan, Taliban forces are headed for Kabul. The paper’s reproters expect the worst. Important, life-changing decisions are to be made. Videographer and reporter Abbas Rezaie has documented the journalists‘ work during this problematic and dangerous time of turmoil. His film has the same name as the newspaper, „Etilaat Roz“, and is the winner of the 2023 Peace Film Award Osnabrück.
Praise from the jury: „This documentary is more than just a film; it is a call to reflect and to support all who are subjected to such dangerous circumstances, just because they seek to report the truth.“ Media scientist Charlotte Bösling, cinematographer Caroline Spreitzenbart, and director Brenda Akele Jorde also honor the fearless dedication of the portayed reporters: „We see the tears and the horror, but we also see the unbending will to bring the truth to light and to step up for the people of Afghanistan.“
At the award ceremony on Sunday, October 15th 2023, Niklas Sievert, representing the Sievert Foundation for Science and Culture, presented the award to Abbas Rezaie.
The jury made an honourable mention of the „Endless Borders“, by Iranian director Abbas Amini. In their statement, they said: „This film shows us, that even in the most precarious circumstances, humans are willing to do the right thing in order to defend their own values against oppressive regimes. At the same time, the narrative does not lack authenticity in its portrayal of human weakness and imperfection (…).“ The film’s protagonist is a teacher in exile in the border region between Iran and Afghanistan. The small village takes in Afghan refugees, which collides with ancient traditions some of the inhabitants still hold very close. These tensions force Ahmad to make existential decisions.
This year’s youth jury awarded the Children’s Rights Film Award to „Delegation“ („Ha’Mishlahat“). A school field trip leads a group of Israeli students to Poland, where they visit the Holocaust memorials. Age-appropriate exuberance meets moving witness reports, youthful curiosity paves new ways for the film’s protagonists. „Our winning film combines the tangible lightness of the teenagers‘ life with important reflections on generational rememberance. Its stunning cinematography and score moved us.“ The international co-production „Tiger Stripes“ received and honourable mention. The award was donated by the city of Osnabrück, and presented to the film’s editor Michal Oppenheim by Patricia Mersinger, head of the faculty of culture of Osnabrück.
The audience award for the best short film by a film student was awarded to Sejad Ademaj for his film „15 Minutes“. The award was donated by Marketing Osnabrück and presented by its managing director Alexander Illenseer.
The second audience award, for the best short film, was donated by the student council Osnabrück. Festival director Julia Scheck presented the award to Mehrad Mirmiri, lead actor in the winning film „Split Ends“ by Iranian director Alireza Kazemipour. „Split Ends“ satirically portrays the absurd behavioural rules of the Iranian moral police. Kazemipour is a popular screen-writer in his home country.
The award ceremony was hosted by the musician and presenter Diana Ezerex. Her project Offsite Melange is dedicated to protect the rights of marignalised groups, and counts filmmakers among its supporters.