Dokumentarfilm made in Niedersachsen

 

Von Wildeshausen und Lüneburg, über Ostfriesland, das Wendland, den Solling und das Emsland durch die Bundesrepublik nach Europa führen uns Filme aus den letzten 40 Jahren, die einen vielseitigen Blick auf Niedersachsen erlauben und die beispielhaft für „Dokumentarfilm – made in Niedersachsen“ stehen. Die Filmreihe ist ein Projekt des Film- und Medienbüros Niedersachsen und der AG DOK und zeigt in Hannover, Lüneburg und Osnabrück bis zu 11 herausragende künstlerische Dokumentarfilme niedersächsischer Produzent:innen und Regisseur:innen aus den letzten vier Jahrzehnten. Anlass ist das 75-jährige Jubiläum des Landes Niedersachsen.

 

Zu den Filmaufführungen werden die Regisseur:innen und Produzent:innen erwartet. Während des Film- und Medienforums im Kloster Lüne in Lüneburg, findet am 10. November eine Diskussionsrunde zur Geschichte des Dokumentarfilms in Niedersachsen und zu seiner Zukunft – statt. Moderiert wird das Gespräch von Ulrich Spieß, ehemaliger Leiter des Adolf-Grimme-Preises.

 

Die Filmreihe startet in Osnabrück mit Gerd Conradts Dokumentarfilm „Starbuck – Holger Meins“ auf dem 36. Unabhängigen FilmFest Osnabrück. Zu Gast wird der Produzent des Films, Hartmut Jahn erwartet.

 

Weitere Termine folgen im November und Dezember. Spielstätten sind die Lagerhalle und das Cinema Arthouse Osnabrück.

Vergangene Veranstaltungen

Eröffnung der Filmreihe „Dokumentarfilm made in Niedersachsen“ in Osnabrück

Freitag, 22. Oktober | 15.00 Uhr, Lagerhalle
Zu Gast: Hartmut Jahn

 

Osnabrücker Eröffnungsfilm:

 

Starbuck – Holger Meins

Deutschland 2001, 90’
Deutsche Originalfassung

 

Starbuck – das ist der Steuermann der Pequod aus Melvilles Roman „Moby Dick“. Starbuck – war auch der Deckname des deutschen Terroristen Holger Meins. Meins starb als erstes RAF-Mitglied 1974 in Untersuchungshaft im Hungerstreik. Er wurde 33 Jahre alt. 25 Jahre nach seinem Tod begibt sich der Filmemacher und Freund Gerd Conradt auf Spurensuche nach dem Steuermann der „Baader-Meinhof-Gruppe“. An den Pfadfinder, Künstler, Filmemacher und Guerillero Meins erinnern sich u.a. Gretchen Dutschke, Harun Farocki, Wolfgang Petersen, Peter Lilienthal, Michael Ballhaus, Margrit Schiller und „der Familienbulle“, Kriminalkommissar Alfred Klaus.

 

Regie Gerd Conradt | Buch Gerd Conradt, Hartmut Jahn | Kamera Armin Fausten, Hans Rombach, Steffen Grossmann, Phillip Virus | Produktion Hartmut Jahn Filmproduktion | Distribution Jahn Media
starbuck-holger-meins.de

Dienstag, 16. November | 18.00 Uhr, Lagerhalle
Zu Gast: Paul Meyer

 

Der Hauptmann von Muffrika

Deutschland 1997, 73’
Deutsche Originalfassung

 

Deutsch-niederländisches Grenzgebiet kurz vor Kriegsende. Bei heftigen Rückzugsgefechten verliert der 19jährige Gefreite der Fallschirmjäger, Willi Herold, die Verbindung zu seiner Einheit und macht einen Zufallsfund: In einem zerschossenen PKW entdeckt er eine unversehrte Hauptmannsuniform. Nach seiner Verwandlung vom Gefreiten zum Luftwaffenoffizier, sammelt er auf dem Weg durchs Emsland andere versprengte Soldaten ein und bildet aus ihnen seine eigene Einheit. Am 11. April erreicht die Truppe das bei Papenburg gelegene Strafgefangenenlager Aschendorfermoor und richtet bis zum Eintreffen alliierter Truppen ein Massaker an…

 

RegieBuch Paul Meyer, Rudolf Kersting | Kamera Ulrich Fischer, Rudolf Kersting | Produktion Paul-Meyer Film | Distribution Absolut Medien

Dienstag, 16. November | 20.15 Uhr, Lagerhalle
Zu Gast: Hans-Erich Viet

 

Deutschland nervt

Deutschland 2009, 103’
Deutsche Originalfassung

 

Eine persönliche Reise, ausgehend von Ostfriesland, meiner Heimat: Seit der Bundestagswahl 2005 sind wir immer wieder unterwegs, lassen uns überraschen von Menschen und Situationen. Wir drehen in Küchen, Werkstätten, Wohnzimmern, Fabriken, Kneipen und auf öffentlichen Plätzen. Bewegen uns in der Gegenwart sozialer Auseinandersetzungen und wühlen in der deutschen Geschichte. Die Realität in den Fabriken ist dabei so wertvoll wie die Erinnerung der alten Dame an den Krieg. Der Schlagersänger im Alpenpanorama nimmt sich und sein Metier so ernst wie der taiwanesische Restaurantbetreiber in Berlin-Moabit seine Kochkultur. Ein Dokumentarfilm über Stimmungen und Realitäten in Deutschland. Deutschland nervt: ja, schon. Aber es fasziniert auch!

 

RegieBuch Hans-Erich Viet | Kamera Johann (Frido) Feindt | Produktion Coin Film in Co-Produktion mit Vie Filmproduktion | Distribution Coin Film

Dienstag, 14. Dezember | 18.00 Uhr, Lagerhalle
Zu Gast: Susanne Benze

 

Hitlers Hitparade

Deutschland 2003, 75’
Deutsche Originalfassung

 

Eine Komposition von Archivfilmsequenzen aus den Bereichen Spielfilm, Amateurfilm, Lehrfilm, Trickfilm, Werbung, Propaganda – unterlegt mit zeitgenössischer Tanz- und Unterhaltungsmusik des Dritten Reiches. HITLERS HITPARADE analysiert auf subtile Art die verführerische Komponente der nationalsozialistischen Zeit in Deutschland. Und zeigt dabei, wie sich ein Kulturvolk und eines der modernsten Länder der damaligen Zeit durch den Naziwahn in einen moralischen und substantiellen Trümmerhaufen verwandelten.

 

Regie & Buch Oliver Axer, Susanne Benze

Dienstag, 14. Dezember | 20.15 Uhr, Lagerhalle
Zu Gast: Michael Loeken und Ulrike Franke

 

Und vor mir die Sterne – Das Leben der Schlagersängerin Renate Kern

Deutschland 1998, 90’
Deutsche Originalfassung

 

Ein Porträt der deutschen Schlagersängerin Renate Kern, die in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre große Erfolge mit ihren optimistischen Liedern feierte, den Niedergang ihres Erfolgs jedoch nicht ertragen konnte und 1991 nach langer Depression Selbstmord verübte. Anhand von Archivmaterial und Aussagen von Wegbegleitern entstand eine beeindruckende Biografie, die über das Porträt einer eigentlich schüchternen Frau hinaus die deutsche Schlagerbranche hinterfragt und die übergroß beschworenen Gefühle des Metiers auf kleinbürgerliche Dimensionen schrumpfen lässt. Ein Glücksfall für den Dokumentarfilm.

 

Regie Ulrike Franke, Michael Loeken

Dienstag, 18. Januar | 18.00 Uhr, Lagerhalle
Zu Gast: Roswitha Ziegler

 

Noch hier. Schon da

Deutschland 2014, 100’
Deutsche Originalfassung

 

2009: Ein Mann bekommt eine Krebsdiagnose. So wie Tausende jedes Jahr. Die Ärzte geben ihm drei Monate bis maximal ein Jahr. Er ist Theaterregisseur. Ein Mann, der Hoffnungen hat, der überleben will, der nicht aufhört zu träumen. „Noch hier. Schon da“ ist ein subjektiver, tagebuchartiger Dokumentarfilm über den krebskranken Schauspieler und Regisseur Jochen Fölster, der von seiner Tochter und seiner Frau von 2009 bis 2013 gedreht wurde. Die Bilder erzählen nicht nur vom Leiden, sondern auch von den absurd-heiteren Momenten, die es immer wieder gibt, in der Geschichte dieses Mannes, der „seine letzte Rolle spielt“.

 

Regie Roswitha Ziegler

Dienstag, 18. Januar | 20.15 Uhr, Lagerhalle
Zu Gast: Roswitha Ziegler

 

Zwischenzeit

Deutschland 1985, 125’
Deutsche Originalfassung

 

„Zwischenzeit“, ist eine spannende Mischform zwischen Dokumentation und Fiktion und bietet einen besonderen Blick auf den engagierten Atom-Widerstand in Gorleben in den Jahren 1981-1985. Ein fiktiver Akzeptanzforscher (Jochen Fölster)  begibt sich zwischen die Fronten der Anti-AKW-Bewegung und der Polizei und versucht zu schlichten. Mit seinen soziologischen Vorträgen stellt der engagierte Wissenschaftler auf augenzwinkernde Weise die politische Utopie der Kernkraftgegner der gegebenen politischen Realität gegenüber. Ironisch-selbstkritisch wird das Geschehen im Wendland in den 80er Jahren reflektiert.

 

Regie Roswitha Ziegler, Niels C. Bolbrinker, Gerhard Ziegler, jochen Fölster

Sonntag, 23. Januar | 14.00 Uhr, Gedenkstätte Augustaschacht, Hasbergen
Zu Gast: Alex Zollmann (Produktion) und Enno Ehlers (Pastor und Film-Mitwirkender)

 

Fritz lebt – Geheimtäter und Viehlosop

Deutschland 1994, 98’
Deutsche Originalfassung

 

Der Film beleuchtet das Leben von Fritz Levy, dem einzigen Juden Jevers, der nach dem Holocaust in seine Heimatstadt zurückgekehrt ist und dort als stadtbekannter Eulenspiegel den Mitbürgern auf seine ganz persönliche Weise den Spiegel vorgehalten hat. Nach jahrelangem Prozess mit der Stadt um seinen Besitz schrieb er: „Gewonnen und zu Tode gesiegt“. Anfang der 1960er Jahre wollte Fritz sterben, mischte sich aber später aktiv in Jever ein und wurde 80-jährig in den Stadtrat gewählt, bevor er ein paar Monate später starb. Testamentarisch hat er sein Haus der Sinti-Familie Schwarz hinterlassen. Aber sein letzter Wunsch wurde nicht erfüllt.

 

Regie Elke Baur

Der Eintritt ist frei. Um eine Spende wird gebeten.

Dienstag, 8. Februar | 19.30 Uhr, Lagerhalle
Zu Gast: Michael Heuer


TOD AUF DEM HOCHSITZ – EIN ARBEITSLEBEN IN DEUTSCHLAND –

Deutschland 2009, 90’
Deutsche Originalfassung

 

Im Herbst 2007, als in der Banken- und Finanzkrise „Not leidende Banken“ um „Schutzschirme“ betteln und marode Unternehmen von Milliardenhilfen profitieren, wandert ein arbeitsloser Handelsvertreter in die Berge. „Jetzt geht’s auf Hartz IV, aber nicht mit Peter Zschäpe“, schreibt er in sein Tagebuch. Dabei sollte sich Arbeit doch immer lohnen: am Standort Deutschland! Der 58-Jährige findet seinen Standort auf einem Hochsitz im Solling. Dort hungert er sich zu Tode: 24 Tage und Nächte im Herbst 2007.

 

Wie Willy Loman in Arthur Millers berühmtem Theaterstück „Tod eines Handlungsreisenden“ aus dem Jahre 1949, hat sich der einst erfolgreiche Verkaufsleiter Peter Zschäpe in der modernen Arbeitswelt nicht mehr zurechtgefunden. Die Frührente lehnt der 58-Jährige genauso ab wie Hartz IV. Das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ist für ihn das Eingeständnis, versagt zu haben. „Die Rente ist sicher!“ und „Arbeit muss sich wieder lohnen!“: diesen locker dahergesagten Sprüchen deutscher Politiker ist der „Handlungsreisende“ des 21. Jahrhunderts auf den Leim gegangen.

 

Michael Heuer verzichtet in seinem Film auf Kommentartext. Er lässt Zschäpes Arbeitskollegen, Nachbarn und Weggefährten zu Wort kommen. Dazwischen Hektik, Hast, Horror – in der Agentur für Arbeit, auf Verbrauchermessen, auf der Autobahn. Die Musik von Jens Thomas verleiht dem Film eine zusätzliche Dimension. Summend, schnarchend, schreiend bittet die Stimme um Gehör. Ein Abgesang, ein Abschied.

 

Nach der Vorstellung gibt es ein Filmgespräch mit Regisseur Michael Heuer.

 

Regie, Buch: Michael Heuer
Kamera: Frank Burhenne
Förderung: nordmedia