Musikalische Ausflüge auf vier Kontinente – „FilmFest Laut“

FilmFest Laut
 
Die Sektion FilmFest Laut stöbert in der filmischen Plattenkiste und beschert seinem Publikum ausgewählte Musikdokumentationen und -spielfilme aus der ganzen Welt.
 
Genie und Wahnsinn – bei Jason Charles Beck, genannt Chilly „Gonzo“ Gonzales, liegen sie nah beieinander. Wenn er Journalisten in der Bundespressekonferenz anschreit, weiß man nicht: Wutattacke oder geplante Provokation? Bei Gonzales verträgt sich die Punk-Attitüde mit Gastspielen in den Tempeln der Hochkultur, wo er solo am Klavier oder im Verbund mit einem Sinfonieorchester konzertiert. Im Film „Shut Up and Play the Piano“ beantwortet er die Fragen der deutsch-schweizerischen Autorin Sibylle Berg. Dazu, wie er zu seinem Spitznamen kam, warum ihn die Journalisten nerven, wie er über den Tod denkt. Wobei auch dieses Interview zum Œuvre der schillernden Kunstfigur Chilly Gonzales gerechnet werden darf.
Regisseur Philipp Jedicke konnte zahlreiche Weggefährten des Künstlers als Zeitzeugen gewinnen, darunter Peaches, Leslie Feist, Jarvis Cocker, Thomas Bangalter von Daft Punk, und montiert aus aktuellen Statements und Archivaufnahmen ein temporeiches Filmporträt.
 
Der französisch-schweizer Regisseur Georges Gachot hegt eine leidenschaftliche Vorliebe für die brasilianische Musikrichtung Bossa Nova. Sein größter Wunsch: einmal ihrem Erfinder João Gilberto („The Girl from Ipanema“) zu begegnen, ihn womöglich spielen zu hören. Doch der mittlerweile 87-Jährige hat sich vor Jahren aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, hält sich regelrecht versteckt. Gachot machte sich auf die Suche, bereiste Brasilien und dokumentierte seine Bemühungen mit der Kamera. Das Ergebnis ist der Film „Wo bist du, João Gilberto?“.
Inspiriert wurde Gachot von dem früh verstorbenen deutschen Journalisten Marc Fischer, der bereits 2011 ein biografisches Buch über seine erfolglose Suche nach Gilberto veröffentlichte. Auf Fischers Spuren wandelnd, sucht Gachot Menschen auf, die vielleicht Kontakt zu Gilberto haben. Bis zum Schluss bleibt spannend, ob Gachots Vorhaben gelingt.
 
„Gurrumul“ ist die bewegende Filmbiografie des von Geburt an blinden, 2017 verstorbenen Aborigine-Musikers Geoffrey Gurrumul Yunupingu vom Stamm der Yolngu. Schon als Mitglied der Band Yothu Yindi wurde er über Australien hinaus bekannt. Im Anschluss machte er als Solist mit einer einzigartigen Mischung aus Folklore, Pop und moderner Klassik Furore.
 
Eine Erfolgsgeschichte wider alle Marktregeln, denn der Künstler verweigerte sich Interviews, gab keine Auskünfte über sich, blieb auch auf der Bühne wortkarg. Er ließ allein seine Musik und vor allem seine einmalige Gesangsstimme sprechen. „Gurrumul“ ist das Regiedebüt des australischen Regisseurs Paul Damien Williams, der Gurrumuls Vertrauen und das seines Stammes genoss. Für den Film war eine besondere Erlaubnis der Yolngu nötig, denn üblicherweise dürfen dort Verstorbene nicht im Bild gezeigt werden.
 
Der gebürtige Israeli Adi Khavous ist Musiker und Allround-Künstler. Und ein Weltenbummler. Die Filmautorin Sharon Hoter Ishay durfte ihn für „State-Less“ über fünf Jahre hinweg mit der Kamera begleiten. Khavous öffnete sich dem Filmteam ohne Einschränkung, ließ es an Tiefpunkten ebenso teilhaben wie an seinen Glücksmomenten. Während der Dreharbeiten pendelte er zwischen Tel Aviv, Montreal und Rotterdam, wo er als Sänger mit seinen Kollegen der Indie-Band SpoonLicker an dem Debütalbum „Untitled“ und dem Einstieg ins Musikgeschäft arbeitete. Am Ende des dokumentarischen Roadmovies „State-Less“ steht ein Happyend, mit dem bei Beginn der Dreharbeiten niemand rechnen konnte.
 
Tanzende Elefanten und traumhafte Unterwasserwelten – Die FilmFest-Sektion „Kurz&Laut“
 
Im FilmFest-Programm „Kurz&Laut“ werden Musikvideos gezeigt. Im Programm vertreten sind Kettcar mit dem hochaktuellen Song „Sommer ’89 (Er schnitt Löcher in den Zaun)“, ferner Egotronic mit der Punk-Version ihres Titels „Die neue Hammerhead“, der parallel auch im Electro-Pop-Stil veröffentlicht wurde.
 
Elegisch gestimmt ist das französische Trip-Hop-Quartett Keys Zuna, das die fragmentarische Handlung des Clips zu „Gymnopedie N°4“, einer Komposition von Eric Satie, unter Wasser drehen ließ. Regisseur und Koautor Matthieu Liénart entführt mit diesem Kniff in eine unwirkliche Bilderwelt, die ihre Protagonistinnen (Audrey Giacomini und Rosanna Simioni) schweben lässt und auch die Betrachter magisch in ihren Bann zieht.
Der Electro-Sparte zuzurechnen sind auch Nonimage, ein Nebenprojekt von Jordi Ruiz, Gründer und Gitarrist der spanischen Post-Prog-Band Exxasens, der hier zur Abwechslung stärker auf tanzbare synthetische Klänge setzt und damit an New Order und die frühen Ultravox anschließt. Nonimage wurden mit dem satirischen Clip zu „Rising“ ins Programm aufgenommen.
 
In dem Weltmusikprojekt mit Namen Toto Bona Lokua haben sich der französische Multiinstrumentalist Gerald Toto, der kamerunische Jazzmusiker Richard Bona und der kongolesische Singer-Songwriter Lokua Kanza – jeder einzelne ist auch als Solist erfolgreich –, zusammengefunden. Zu dem entspannt swingenden Titel „Ma Mama“ von ihrem zweiten gemeinsamen Album „Bondeko“ hat die in London lebende junge Animationsfilmerin Katy Wang fröhlich bunte, buchstäblich ‚traumhafte‘ Szenenfolgen entworfen. Da lassen sogar die Elefanten die Hüften kreisen …
 

Das Programm des 33. Unabhängigen FilmFest Osnabrück: hier!
 
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