Gefährliche Dreharbeiten, bewegende Erfahrungen und der Zauber der Musik
Das 38. Filmfest Osnabrück ist Gastgeber für Filmschaffende aus vier Kontinenten.
Typisch Filmfestival: Die Aufführung findet mit dem Abspann noch nicht ihr Ende. Oft ergibt sich Gelegenheit, mit Beteiligten an der Filmproduktion zu sprechen, direkt im Anschluss oder im Rahmen begleitender Veranstaltungen.
Die Besucher des 38. Filmfests Osnabrück dürfen sich auf zahlreiche internationale Gäste freuen. Der Eröffnungsfilm „Life Is Not a Competition, but I’m Winning“ wird von der Kamerafrau Caroline Spreitzenbart begleitet, die richtige Ansprechpartnerin unter anderem für die raffinierte Tricktechnik dieses Festivalbeitrags.
Hoch spannend auch die Produktionsgeschichte von „The Homes We Carry“. Regisseurin Brenda Akele Jorde kann über Dreharbeiten in Deutschland, Mosambik, Südafrika berichten. Wie dieser Film läuft auch „Elaha“ in der Sektion „Focus On Europe“. Derya Durmaz hat als Schauspielerin mitgewirkt, ist zudem selbst Drehbuchautorin und Regisseurin mit internationaler Resonanz sowie Menschenrechtsaktivistin. Mit unter anderem indischen, pakistanischen, ägyptischen, kanadischen Kolleginnen leistete sie einen Beitrag zum Omnibusfilm „A Window of Time – Lockdown Diaries“. Als Beraterin ist sie für die EU Human Rights Film Days tätig, die in diesem Jahr zum zwölften Mal in Ankara stattfanden.
Als Regisseur Abbas Rezaie und sein Team mit den Aufnahmen zu „Etilaat Roz“ begannen, war nicht abzusehen, wie ihr Film enden würde: Sie begleiteten die Redakteurinnen und Redakteure der gleichnamigen kritischen afghanischen Zeitung in der Phase kurz vor und während der Machtübernahme der Taliban. Für alle Beteiligten ein gefährliches Unterfangen. Abbas Rezaie wird in Begleitung des afghanischen Journalisten Mohammed Fahim Fetrat nach Osnabrück kommen.
Aktuell ist Daniel Kötters „Landshaft“ in der Sektion „Frieden“. Kötter, zum Filmfest ebenfalls in Osnabrück, unternahm eine Reise im Osten Armeniens nahe der Grenze zu Aserbeidschan. Er enthält sich jeden Kommentars, lässt die dort lebenden Menschen für sich sprechen.
Einen langen Anreiseweg nimmt Alicia Luz Rodriguez auf sich. Die vielfach preisgekrönte Chilenin gehört zum Schauspielensemble des Wettbewerbsfilm „Outsider Girls“ („Las demás“) und entstammt einer Familie von Kunst- und Filmschaffenden. Ihr Onkel Gabriel Díaz Alliende ist Kameramann und Regisseur, ihre Kusine Begoña Basauri ebenfalls Schauspielerin und Moderatorin.
Als Journalist und Fotograf berichtete Jonas Brander lange Jahre aus Kolumbien unter anderem für „Vice“ und „Jungle World“ über Verbrechen des Militärs, Bevölkerungsproteste, Gewalt gegen die indigene Bevölkerung. Mit „Until the Sun Dies“ stellt er nun in Osnabrück seinen ersten abendfüllenden Dokumentarfilm zu diesen Themen vor.
Cyrielle Raingou, ebenfalls Erstlingsregisseurin, hat jahrelange Arbeit in ihren Festivalbeitrag „Le spectre de Boko Haram“ investiert, ein Dokumentarfilm über ein kleines Dorf im Norden Kameruns, das beständig von der den Taliban nahestehenden Terrororganisation Boko Haram bedroht wird. Hier leben Kinder, die von Islamisten entführt und manipuliert wurden und nur schwer in ein geregeltes Leben zurückfinden. Die selbst aus Kamerun stammende Regisseurin suchte bewusst nach einer Perspektive, die sich vom Blick aus der Fremde unterscheidet. Gegenüber „Variety“ berichtet sie: „Wann immer Kameras in Afrika auftauchen, werden sie eingesetzt, um auf Elend und Armut hinzuweisen. Ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen und war lange in dem Irrglauben, dass alles Schöne und Inspirierende von außen kommt. Aus der westlichen Welt.“ Mit den Dreharbeiten war ihr Engagement für die Menschen des porträtierten Dorfes nicht zu Ende. Zwei kleine Jungen werden inzwischen vermisst. Cyrielle Raingou unterstützt die Bemühungen, die beiden zu finden.
Sehr unterhaltsam dürften die Gespräche mit dem Journalisten und Dokumentarfilmer Phillipp Jedicke verlaufen, der mit „Vienna Calling“ ein nach eigenen Worten „Doku-Musical“ über die Wiener Musikszene gedreht hat. Ein Projekt, das der eigenen Begeisterung entsprang, so Jedicke im Interview mit „The Gap“: 2015 habe er „eine unglaubliche Aufbruchstimmung in der Stadt gespürt. Ich hatte das Gefühl, dass überall Musik war. Das hat mich regelrecht verzaubert.“
Neben den Genannten haben viele weitere Filmschaffende ihr Kommen zugesagt, unter anderem Michal Oppenheim, Editorin von „Delegation“, ferner Schauspieler Florian Fischbach, in Osnabrück im Kurzfilm „Dora“ und derzeit auch bei einem Streaming-Anbieter in der Serie „Kohlrabenschwarz“ zu sehen. Fischbach kommt gemeinsam mit „Dora“-Regisseurin Jolina Simpson.
Das 38. Filmfest Osnabrück findet statt vom 11. bis 15. Oktober 2023 in den Aufführungsorten Filmtheater Hasetor, Haus der Jugend, Lagerhalle und Cinema-Arthouse. Programm, Informationen, Tickets unter www.filmfest-osnabrueck.de.